Wie mittelständische Industrieunternehmen in der aktuellen Situation resilienter und wettbewerbsfähiger werden!
Bärbel Kohler
Der Druck auf die mittelständische Industrie in Deutschland wächst spürbar: Globale Konkurrenz, der Verlust des Technologieschutzes der der Vergangenheit, hohe Personal- und Energiekosten, schwankende Märkte und rückläufige Auslastungsgrade stellen viele Betriebe vor strukturelle Herausforderungen.
Altbewährte Maßnahmen zur Effizienzsteigerung greifen heute einfach zu kurz. Was jetzt gebraucht wird, ist kein weiteres Sparprogramm, sondern ein grundlegender Wandel – hin zu echter unternehmerischer Resilienz.
Resilienz: Schlüsselkompetenz für den Mittelstand
Resilienz bedeutet weit mehr als bloße Krisenfestigkeit. Sie umfasst die Fähigkeit, frühzeitig auf Veränderungen zu reagieren, strategisch zu steuern und zukunftsorientierte Entscheidungen auf einer belastbaren Datenbasis zu treffen. Für den deutschen Mittelstand – Rückgrat unserer Industrie – wird Resilienz damit zur unverzichtbaren strategischen Kompetenz, um langfristig im globalen Wettbewerb zu bestehen.
Es geht um Transparenz, Reaktionsgeschwindigkeit, fundierte Planung – und um ein systematisches Vorgehen.
Der Resilienz-Performance-Prozess (R-PP): Ein strukturierter Weg
Um diese Transformation gezielt zu gestalten, wurde der Resilienz-Performance-Prozess (R-PP) entwickelt – ein praxisorientiertes Vier-Stufen-Modell, das wirtschaftliche Kennzahlen mit konkreten Steuerungshebeln verknüpft. Im Zentrum steht ein modernes Enterprise Performance Management-System (EPM), basierend auf einer neuen treiberbasierten Kosten- und Leistungsrechnung (KLR), die Echtzeit-Steuerung ermöglicht.
Die vier zentralen Elemente im Überblick:
1. Auslastung aktiv steuern – statt Verluste erleiden
In traditionellen Kalkulationsmodellen wird der bedeutendste Hebel – die Auslastung – häufig nur am Rande betrachtet. Dabei kann schon ein Rückgang der Auslastung um wenige Prozentpunkte gravierende Auswirkungen haben: Bei einem Rückgang um nur 3 Prozentpunkte kann der EBIT eines Industrieunternehmens um bis zu 20 % einbrechen – bei 85 % Auslastung steht der Gewinn oft schon bei null.
Moderne EPM-System nutzen die Auslastungs-Wirkungskennzahl (AWK), um diese Zusammenhänge sichtbar und steuerbar zu machen.
Die Break-Even-Auslastung wird exakt berechnet und fortlaufend überwacht.Fazit: Wer Auslastung nicht als zentralen Kostenfaktor versteht und steuert, gefährdet Marge, Wettbewerbsfähigkeit – und letztlich die unternehmerische Resilienz.
2. Globale Kosten- Wettbewerbsvergleiche ermöglichen als festgestellte Soll-Situation strategische Entscheidungen
Standortnachteile – insbesondere bei Personal- und Energiekosten – machen deutschen Mittelständlern im internationalen Wettbewerb zu schaffen. Laut aktuellen Analysen liegt der Kostenwettbewerbsnachteil bei allen KME-Unternehmen (*) immer zwischen 23–40 %.
Davon entfallen rund 85 % auf Personalkosten – der Einfluss der Energie-kosten ist deutlich geringer und liegt nur in der Differenz bei ca. 5%.
(*) KME: Kunstsoff-, Metall- und Elektroindustrie-Unternehmen in Deutschland
Nur modernen EPM-System schaffen hier Transparenz und Entscheidungssicherheit.
Über eine globale Value- Benchmark-Datenbank mit den Daten über 3.300 globale Wirtschaftsstandorte weltweit lassen sich reale Kosten-Wettbewerbsvergleiche ziehen.
Unternehmen erhalten so eine verlässliche Grundlage für Standort-, Investitions- und notwendige Handlungsentscheidungen.
Fazit: Nur wer seine relativen Kosten- Wettbewerbssituation kennt, kann strategisch handeln statt reaktiv bei Auftragsverlusten an den Wettbewerb reagieren.
Die Kosten- Wettbewerbsdifferenz wird heute mit höchster Güte gemessen und quantifiziert durch den ICP-Vergleich.
3. Frühwarnsysteme: Pflicht für jedes zukunftsfähige Unternehmen
Risiken frühzeitig zu erkennen ist essenziell – nicht nur zum Schutz des Unternehmens, sondern auch zur Vermeidung persönlicher Haftungsrisiken für Geschäftsführungen. Viele mittelständische Betriebe agieren hier noch zu zögerlich.
Moderne EPM-System stellen ein Frühwarn- und Überwachungsmodul bereit, das mit 17 standardisierten Leistungs- und Wettbewerbskennzahlen arbeitet – und damit eine belastbare, quantitative Grundlage für die frühzeitige Risikoerkennung, Ergebnisprognose und strategische Steuerung schafft- alles immer direkt im Meeting.
Es erfasst interne Veränderungen wie die Auslastungssituation und externen Markt- und Wettbewerbsindikatoren wie den Kosten- Wettbewerbsabstand – und ermöglicht so eine präzise Risiko- und Situationsbewertung in Echtzeit.
Fazit: Frühwarn- und Überwachungssysteme machen Risiken und Entscheidungen beherrschbar – und sichern Entscheidungsfähigkeit sowie unternehmerische Handlungsfreiheit.
4. Szenarien analysieren – Zukunft aktiv gestalten
Klassische ERP-Systeme sind primär für Buchhaltung und Rechnungswesen konzipiert und bieten kaum methodische Tiefe für strategische Unternehmenssteuerung. Die traditionelle Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) weist darüber hinaus gravierende strukturelle Schwächen und systematische Fehler auf – und sollte als Entscheidungsgrundlage in dynamischen Märkten nicht mehr verwendet werden.
Erst die modernen EPM-Systeme mit der integrierter neuen Kosten- und Leistungsrechnung schaffen die methodische Grundlage für simulationsfähige Szenarien-Analysen – etwa bei Investitionen, Standortentscheidungen oder Einkaufs- und Make-or-Buy-Fragestellungen.
Noch mal klar betont: Klassische ERP-Systeme oder veraltete KLR-Modelle sind hierzu weder inhaltlich geeignet noch methodisch belastbar.
Fazit: Wer auf fundierte Szenarien setzt, macht Strategie konkret – und Resilienz planbar.
Resilienz ist Voraussetzung – nicht Kür
Mittelständische Industrieunternehmen stehen an einem Wendepunkt. Die Herausforderungen der globalisierten Wirtschaft lassen sich nicht mit gestrigen Mitteln meistern. Nur wer sich konsequent auf Wandel, Transparenz und Anpassungsfähigkeit einlässt, wird auch morgen noch wettbewerbsfähig sein.
Der Resilienz-Performance-Prozess mit seinem EPM-System ist dabei kein optionales Werkzeug – sondern der zentrale Hebel für eine belastbare, zukunftssichere Unternehmenssteuerung.
Resilienz wird mit EPM heute messbar, steuerbar – und damit zur tragenden Säule erfolgreicher Mittelstandspolitik.
Über die Autorin Bärbel Kohler:
Bärbel Kohler ist Expertin für Unternehmenssteuerung, Performance- und Resilienz-Management. Sie berät mittelständische Industrieunternehmen bei der Einführung resilienter Steuerungssysteme und begleitet sie bei der strategischen (SAVE) Transformation mit einer vorab aufgebauten Resilienz.